Hautpflege für Skin Picker

Interview mit kosmetikerin angelika schmitz

Vorab ein Hinweis: Die Empfehlungen in diesem Interview sind nur Tipps, keine letzten Weisheiten. Es ist auch völlig in Ordnung, die Haut nur minimal oder gar nicht zu pflegen beziehungsweise schminken. Wie überall, so gilt auch hier: Was für dich persönlich gut und richtig ist, kannst nur du selbst herausfinden.

 

Angelika Schmitz, Inhaberin des „BeautyStore Kerpen“, ist geprüfte Cidesco-Fachkosmetikerin. Seit 15 Jahren dreht sich ihr Leben um Kosmetik, schreibt sie auf ihrer Website. Angelika Schmitz hat sich an skin-picking.de gewandt, um einige Flyer der Selbsthilfegruppe zur Auslage in ihrem Geschäft zu bestellen. 

 

Das freut uns sehr und ist ein idealer Anlass nachzufragen: Wie können Skin Picker ihre Haut pflegen, um das Abheilen der Wunden und Narben zu fördern?

 

Frau Schmitz, haben Sie im Kosmetikstudio viele Kundinnen, die ihre eigene Haut krankhaft bearbeiten?

 

Ja, es sind viele und leider werden es immer mehr. Deshalb habe ich im Netz recherchiert und bin dabei auf Ihre Website gestoßen.

 

Prima, dass Sie bereit sind, unsere Fragen zur Hautpflege zu beantworten! Ich fange auch gleich an: Wie kann man die Wunden abdecken, ohne dass es schlimmer wird? (Oft trocknen Wunden durch Abdecken aus und dann knibbelt man erst recht dran).

 

Die Haut muss gut mit Feuchtigkeit versorgt werden, bevor sie mit einem Concealer oder Make-up abgedeckt wird. Bevor das Make-up aufgetragen wird, am besten noch einen Primer auftragen – der glättet die Haut. Es hilft auch, ein- bis zweimal in der Woche ein Enzym-Peeling zu machen. Das aber bitte nicht auf Haut mit Wunden auftragen. Das Peeling löst die abgestorbenen Hautschüppchen, so wird die Haut glatt und das Make-up hält besser.

 

Als Make-up empfehle ich 100% Mineralpuder. Die Vorteile: Es enthält natürlichen UV-Schutz, es pflegt und deckt die Haut ab. Es enthält keine künstlichen Inhaltsstoffe und trocknet die Haut nicht aus.

 

Welche Empfehlungen haben Sie zur Reinigung?

 

Die Reinigungsprodukte sollten kaum Natrium Laureth Sulfate enthalten. Auf Dauer wird die Haut davon sehr trocken und bei manchen mit empfindlicher Haut kann das zu Reizungen oder Juckreiz führen. Bitte auch keine Reinigungshelfer wie zum Beispiel Bürsten nutzen. Die sind ein perfekter Ort für Bakterien, welche später zu Pickelbildung führen können.

 

Die Reinigungsprodukte sollten frei von Paraffinen sein. Gut sind hohe Konzentrationen an hautfreundlichen Ölen, Vitamin E und natürliche Feuchtigkeitsspender.

Gesichtswasser sollte frei von Alkohol sein. Folgende Inhaltsstoffe sind (je nach Hautzustand) empfehlenswert: Hamamelis, Aloe Vera, Hyaluronsäure, Provitamin B5.

 

Welche Empfehlungen haben Sie zur Hautpflege?

 

Die Pflege sollte immer an den Hautzustand angepasst sein. Milde Reinigungsprodukte und Cremes, die Vitamine enthalten, unterstützen den Heilungsprozess. Wenn die Haut abgeheilt ist, kann man Cremes mit leichtem Anteil an Alpha-Hydroxylsäuren (AHA) verwenden, die die Hautregeneration fördern.

 

Stellen am Dekolleté: Wie kann man vorbeugen, damit sie sich nicht so schnell entzünden?

 

Das Dekolleté ist ein sehr empfindlicher Bereich. Bei unsachgemäßer Behandlung wie Ausdrücken und Kratzen kann es mit Pigmentverschiebungen und starken Entzündungen reagieren. Hier die Haut am besten mit alkoholfreien Lotionen versorgen, die nicht zu sehr austrocknen. Und Cremes verwenden, die nicht zu reichhaltig sind, denn sehr reichhaltige Cremes fördern die Entstehung von Pickeln. 

 

Wie desinfiziert man offene Stellen?

 

Mit sanften Lotionen, die Hautirritationen lindern. Bitte vorher sichergehen, dass keine Allergie gegen einen oder mehrere der Inhaltsstoffe vorliegt. Gut sind Mischungen aus Klee, Minzöl, Eukalyptusöl, Kampfer, Aloe Vera (rein und ohne andere Zusatzstoffe).

 

Sollte man Creme auf offene Stellen auftragen? Wenn ja, welche?

 

Ich würde empfehlen, dass die Haut zunächst mit einer beruhigenden Creme behandelt wird. Ist eine Wunde da? Dann besser erstmal Bepanthen auftragen oder, noch besser, mit dem Arzt des Vertrauens darüber sprechen. Danach Cremes verwenden, die zum Beispiel Vitamin E, Zink oder Bisabolol enthalten. Die Inhaltsstoffe dürfen die Haut nicht bei der Regeneration stören. Meiden Sie Produkte mit Vaseline und Paraffinen.

 

Was kann man gegen Pigmentflecken machen?

 

Zunächst ist zu klären, was die Ursache der Pigmentflecken ist. Sind sie durch Kratzen und Ausdrücken entstanden? Sind Hormone oder UV-Strahlung die Ursache? Sind die Flecken durch Umweltverschmutzung entstanden oder nutzen Sie ätherische Öle, die Sie möglicherweise nicht vertragen? 

 

Falls die Pigmentflecken durch Knibbeln entstanden sind, empfehle ich eine professionelle Behandlung wie Microdermabrasion (nur in der Herbst- und Winterzeit), Fruchtsäurebehandlungen oder Microneedling.

 

Hilfreich sind auch Cremes, die Vitamin C, Vitamin A (Retinol), Kojisäure, Mandelsäure oder Azelainsäure enthalten. Bitte auch immer einen UV-Schutz auftragen!

 

Wenn ich es schon nicht sein lassen kann, an die Haut zu gehen: Wie richte ich beim Ausdrücken eines Pickels am wenigsten Schaden an?

 

Wenn man Pickel unprofessionell ausdrückt, können nicht nur Narben und Pigmentflecken entstehen, es kann auch zu einer Schmierinfektion kommen. Bei einer Schmierinfektion werden Bakterien verteilt, was zu weiteren Entzündungen führt. Am besten begeben Sie sich in fachkosmetische Behandlung. 

 

Anderenfalls empfehle ich, die Stelle vor und nach dem Ausdrücken zu reinigen. Kürzen Sie die Nägel fingerkuppentief, um Narbenbildung zu vermeiden. Waschen Sie die Hände, noch besser: Benutzen Sie Einmal-Handschuhe. Und benutzen Sie ein Papiertuch (Kleenex), das Sie möglichst mehrmals austauschen.

 

Was kann ich tun, damit sich eine wässernde Wunde schnell schließt?

 

Hier benötigen Sie einen fachärztlichen Rat.

 

Was kann ich tun, damit Narben schnell verblassen?

 

Wenn die Haut nicht gerade akut verletzt ist, können Sie bei oberflächlichen Narben regelmäßig ein Peeling machen, zum Beispiel ein Enzympeeling. Benutzen sie fruchtsäurehaltige Cremes. 

 

Im Kosmetikstudio gibt es auch spezielle Behandlungen wie Microdermabrasion, Microneedling und Fruchtsäurebehandlungen. Bei tiefen Narben können Sie einen Hautarzt um Rat fragen, der auf Ästhetische Medizin spezialisiert ist. Es gibt beispielsweise Laserbehandlungen (Fraxel-Laser – bitte nur beim Arzt vornehmen lassen!).

 

Welche Pflegeprodukte sollte man nicht verwenden?

 

Bitte keine Produkte nutzen, die die Haut verschließen (Vaseline, Paraffine). Ebenso nichts, was die Haut zu stark austrocknet. Von Gesichtswasser auf Alkoholbasis rate ich ab. Produkte, die nicht an den Hautzustand angepasst sind, schaden eher. Zu reichhaltige Produkte können zu Pickelbildung führen. Es ist auch nicht ratsam, zu viele Produkte von unterschiedlichen Herstellern zu verwenden. Wenn Sie Peelings nutzen, bitte nicht zu häufig.

 

Gibt es Gesichtspflege-Rituale, die vielleicht verhindern können, dass ich knibble? 

 

Das wichtigste ist, dass man die Haut gründlich morgens und abends reinigt mit einem gutem Reinigungsprodukt, das gut zum Hautzustand und zum Hauttyp passt. Danach können Sie, wenn notwendig, ein Serum und eine Creme auftragen. 

 

Ich empfehle auch, einmal pro Woche ein Peeling aufzutragen, um die Haut vorzubereiten auf weitere Pflegewirkstoffe. Als kleine Belohnung für sich selbst, wenn man es eine Zeit lang ohne Knibbeln ausgehalten hat, ist eine Feuchtigkeitsmaske schön. Die Haut wird danach weich und ist mit Feuchtigkeit versorgt. Auch die trockenen Stellen, an den man knibbeln kann, sind dann nicht mehr da. 

 

Wenn Sie sich einfach mal verwöhnen und entspannen möchten, gehen sie zu einer professionellen Gesichtsbehandlung. Dazu gehört eine Gesichtsmassage, die zur Ausschüttung von Glückshormonen führt, die Durchblutung der Haut fördert und die Haut optimal auf weitere Wirkstoffe vorbereitet. 

 

Wenn Sie sich schminken, tragen Sie morgens das Make-up auf und schminken Sie sich erst vor dem Schlafengehen ab. So sind die Stellen abgedeckt. Beobachten Sie, ob das Bedürfnis zu knibbeln durch das Make-up abnimmt.

 

Zum Schminken gibt es in der Gruppe sehr kontroverse Meinungen, weil Make-up dazu führt, dass auf den Wunden trockene Krusten entstehen. Diese Krusten sind wie ein rotes Tuch für Skin Picker, sie gehen dann erst recht auf die Wunden los. Andererseits wollen viele nicht ungeschminkt aus dem Haus gehen. Das ist ein großes Dilemma für Betroffene. Eine "technische" Lösung des Problems wäre es, ein Make-up zu finden, das die Krusten nicht austrocknet, sondern geschmeidig hält und trotzdem gut an der Haut haftet. Gibt es so etwas?  

 

Ja, das gibt es! Meine Empfehlung wäre, ein Mineralpuder mit einem Kabuki-Pinsel aufzutragen, nach Bedarf mehrere Schichten. Zuerst eine Creme auftragen, danach, wenn gewünscht, einen Primer und schließlich ein Mineralpuder. Das Schöne am Mineralpuder ist, dass es die Haut nicht austrocknet und die Poren nicht verstopft. 

 

Ich empfehle meinen Kundinnen auch, ihre Fingernägel zu lackieren. Frisch lackierte Fingernägel können vom Knibbeln abhalten und so helfen, die akute Situation zu überwinden.

 

Was ich außerdem wichtig finde: viel Wasser trinken, sich gut ernähren und eine Sportart finden, die Spaß macht. Meiden Sie Stresssituation und finden Sie einen guten Therapeuten, der Ihnen hilft, Probleme und Konflikte zu lösen. 

 

Liebe Frau Schmitz, vielen Dank für das Gespräch!

 

Interview: Ingrid Bäumer

(c) skin-picking.de 2020